Die Immobilien-Firma

Systematische Abrechnungsfehler bei Banken

Die Immobilien-Firma

Axel Brauer stieß durch Zufall auf die Unregelmäßigkeiten. „Da waren 50.000 Euro vom Konto weggegangen, die wir uns nicht erklären konnten“, erinnert sich der Berliner. Daraufhin sahen er und sein Mitarbeiter die Kontoauszüge seiner Immobilienfirma ganz genau durch. Sie stießen auf weitere merkwürdige Abbuchungen. „Ich dachte, das gibt es gar nicht“, erzählt Brauer. „Wir sind doch bei einer seriösen Volksbank, nicht bei einer Wechselstube weiß Gott wo.“ Als Brauer das Ergebnis der Kontenprüfung sah, war er sich da nicht mehr so sicher: Fast 1,6 Millionen Euro fehlten wegen fehlerhafter Abrechnungen. „In allen Fällen hatte sich die Bank zu ihren Gunsten verrechnet“, berichtet Brauer. An Zufall glaubt der Unternehmer nicht.

Auch nicht bei jener Buchung, die sich auf einem Auszug von August 2011 findet: 121.523 Euro stehen da. Kreditkosten, mit denen die Bank das Geschäftskonto belastete für ein Darlehen, für das Brauer die Zinsen im betreffenden Zeitraum schon bezahlt hatte. „Bermuda-Buchung“, nennt Sachverständiger Brendel solche Posten: „Da wird Geld einfach abgebucht – ohne ersichtlichen Grund.“Den Betrag hat Brauer inzwischen wieder zurückbekommen. Anfang dieses Jahres hat er sich überdies mit seiner Bank auf einen Vergleich geeinigt: 1,3 Millionen Euro zahlt das Institut zurück.

„Aber mein Fall“, so glaubt er, „ist nur die Spitze des Eisberges.“Bei den Bankenverbänden weist man solche Mutmaßungen zurück. Man solle sich doch „bitte mal die Kundenbeschwerden der Ombudsmann-Berichte anschauen“, teilt der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken mit. Diese legten „keinen Hinweis auf systematische Falschrechnungen nahe“. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband betont: Abrechnungen im Kundengeschäft würden bis auf wenige Ausnahmen automatisch gestellt und unterlägen mehrfacher Prüfung: „Eine systematische Benachteiligung der Kunden würde sofort auffallen.“

Zwar seien fehlerhafte Abrechnungen „in der manuellen Bearbeitung in Einzelfällen nicht zu 100 Prozent auszuschließen“. Das sei aber kein Grund anzunehmen, dass sie „in nennenswertem Umfang vorkommen“.Der Bundesverband deutscher Banken verweist darauf, dass gerade die Zinsanpassung sehr genau geregelt sei. „Im Lichte jener von Gesetz und Rechtsprechung normierten Vorgaben“, heißt es, „unterrichten Kreditinstitute ihre Kunden heute auch detailliert über die Art und Weise der Zinsanpassung.“ Bei Fragen zum Kreditvertrag solle sich der Kunde „mit seiner Bank in Verbindung setzen“.

Anton Reich kann über solche Aussagen nur den Kopf schütteln. „Wenn es Schwierigkeiten gibt, dann werden sie als Kreditnehmer dort wie ein Fußabtreter behandelt“, sagt er. „Die Banken haben nichts getan, um uns zu unterstützen.“ Im Gegenteil: Reich spricht von „Psychoterror“ seinen Mitarbeitern gegenüber. Diese hätten schon Magenschmerzen bekommen, wenn sie nur die Nummer der Bank im Telefondisplay gesehen hätten.

Den Zinsklau will Reich den Geldhäusern nicht durchgehen lassen. Mit einem der drei führt er Gespräche über einen Vergleich. Die anderen weigern sich. Reich wird sie verklagen – wenn es sein muss, durch alle Instanzen. „Wissen Sie, was mir stinkt?“, meint er dann. „Wenn ich sehe, wie diese Banken Milliarden verspekulieren – und dann kleine Mittelständler ausnehmen und an die Wand drücken.“

Quelle:http://www.sueddeutsche.de/geld/systematische-abrechnungsfehler-bei-banken-die-zinsraeuber-1.1670960-4